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Sentieri del Guerra 2012 – 4. Etappe

12. September 2012: 45 km 2150 hm Grenzerfahrung auf der Cima Carega

Fotoalbum

Wir erscheinen pünktlich zum Frühstück. Keiner da, stattdessen ein Zettel mit einer Nummer, wo wir im Notfall anrufen sollen. Ist Hunger ein Notfall? Um 8:00 Uhr kommt der Sohn schließlich total verpennt. Wir müssen ihm sagen, was er alles vergessen hat, damit wir ein perfektes Frühstück bekommen, inklusive Kaffee Special Edition! Wir zahlen 45.- für HP inkl. Wein, Wasser, 4 Espressi, 2 Sandwiches und einem kompletten Albergo für uns alleine.
Für heute ist eine Kaltfront angekündigt. Bereits bei der Abfahrt sehen wir statt Berge nur graue Suppe und es soll noch schlimmer kommen. Die kleine Schwester der Dolomiten wird uns heute schwer zusetzen.
Zuerst müssen wir die Skipiste querend einen steilen Schotterweg hinauf zur Sella del Campetto meistern. Hier ist es schon etwas kühler und wir ziehen die Armlinge an. Bis zur Rifugio Scalorbi fahren wir auf atemberaubenden Trails mit grandiosen Tiefblicken. Leider zieht immer dichterer Nebel auf und als wir von der Hütte (die leider geschlossen hat) los fahren wollen, fängt es zu regnen an. Erste Gewitter kündigen sich an. Wir ziehen Regenjacke und Beinlinge an und brechen auf zu unserer geplanten Abfahrt.
Zuerst müssen wir einen Trail weiter bergauf. Der Regen wird heftiger, die Orientierung aufgrund des Nebels extrem schwierig. Zu allem Übel gehen ständig Wege ohne Markierung ab. Erste Blitze lassen uns über den nächstbesten Weg ins Tal nachdenken. Ich habe zwei Karten: Eine lokale zeigt mehrere mögliche Wege. Wir entscheiden uns auf der Karte für den Weg 195 zum Passo di Campogrosso. Endlich stoßen wir auf einen Pfad ins Tal, allerdings ohne Markierung. Egal, wir wollen runter! Nach ca. 10 Minuten stehen wir wieder an der Hütte – wir sind im Kreis gefahren/gelaufen. Wir haben keine Sicht und die Orientierung verloren! Die Bedingungen werden immer schlechter: Wir wollen jetzt den Weg 114 versuchen zu finden. Nach 200hm Abstieg zwingt uns eine senkrechte Felsrinne zur Umkehr – das ist mit Bike Harakiri. Wir stehen wieder einmal an der Hütte. Wir nehmen einen weiteren Weg hinauf zur Cima Carega. Endlich ein Wegweiser zur Bochetta dei Fondi (zum geplanten Abstieg), doch der weist wieder zur Hütte. Schließlich entscheiden wir uns für den Weg 109 und lassen dieses Mal den Weg, der uns im Kreis führte, rechts liegen. Der Regen hat in der Zwischenzeit aufgehört und es erscheint sogar ein Wegweiser zur Bochetta und zum Passo Campogrosso: Weg 157 – Das ist er.
Die letzten Meter zur Bochetta dei Fondi müssen wir tragen. Oben erwartet uns ein schmaler Felsgrat und auf der anderen Seite der steile Weg hinab ins Campogrosso. Hier fährt kein Mensch. Wir klettern stellenweise senkrechte Felspartien ab. Manchmal müssen wir ein Bike zu zweit bergab bugsieren und hinterher steigen. Nach 200 geschafften, äußerst beschwerlichen Höhenmetern kommt das wohl Unvermeidliche. Über uns bricht das Gewitter los und es fängt an kräftig zu regnen. Ca. alle 30 Sekunden ein Blitz und wir stehen mitten im Hang. Nach einigen abenteuerlichen Querungen suchen wir Schutz hinter einem Felsbrocken. Duckend kauern wir an dem Stein während uns der Regen den Nacken hinterläuft.
Eine Viertel Stunde später wagen wir den weiteren Abstieg. Wenn die Hangquerungen nur nicht wären! Die Frequenz der Blitze wird etwas weniger, wir nutzen jede jetzt fahrbare Passage, um möglichst schnell voran (sprich runter) zu kommen. Bei jedem Blitz ducke ich mich automatisch. Als ob das was helfen würde! Schließlich erreichen wir die Passstraße. Wo war noch mal die rettende Hütte? Rechts oder Links? Ich fahre nach rechts um die Kurve und da steht sie.
Wir bestellen einen Kaffee und einen Apfelstrudel und ziehen unsere trockenen Klamotten an. Draußen peitscht der Wind, es blitzt und donnert und der Regen wandelt die Straße in einen Bach. Wir wollen eigentlich noch ca. 20 km und 1000 hm hinab nach Posina. Erst mal abwarten. Nach einer Stunde bessert sich die Situation etwas und wir brechen auf zum Passo Fugazze. Dorthin führen lt. Karte zwei Straßen. Eine links und eine rechts um den Monte Cornetto. Die linke kenne ich schon, die rechte ist kürzer. Ein Schild, das die Durchfahrt verbietet, ignorieren wir. Die Straße ist in einem miserablen Zustand. Plötzlich ist sie komplett verschwunden. Sie wurde einfach vom Bergrutsch in die Tiefe gerissen. Für einen Bruchteil einer Sekunde denke ich über ein Umklettern der Gefahrenstelle nach, entscheide mich dann aber für die Umkehr. Das bedeutet wieder ca. 200hm rauf. Auch die zweite Alternative verfehlen wir zuerst, was uns weitere unnütze Höhenmeter beschert. Letzten Endes kommen wir um ca. 18:00 Uhr am Passo Fugazze an.
Nach Posina sind es jetzt ca. 15km, überwiegend bergab. Es regnet wieder, wir probieren es. Der Regen wird jedoch so stark, dass wir uns auf eine Übernachtung auf dem Pass einigen. Der Wirt schickt uns allerdings einen Kilometer weiter nach Streva, wo wir im gleichnamigen Gasthof endlich in Sicherheit sind.
Während Zenon die Wäsche organisiert, freue ich mich auf die heiße Dusche. Stattdessen nur lauwarmes Wasser. Ich muss lachen und bin froh, dass ich noch lebe!

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