15. Juli 2014: 45 km 3700 hm Porno
Der Wecker klingelt um 6:30 Uhr. Das ist Urlaub!
Wir erreichen die Station zwei Minuten vor der Abfahrt. Der Ticketschalter ist geschlossen und wir haben noch keinen Proviant! Gut, wir sind die letzten zwei Tage auch ohne Essen und nur mit Brunnenwasser ausgekommen, also werden wir die Königsetappe Nummer Drei auch nur mit Riegel überleben. Wir sind ja nicht zum Essen hier.
Der freundliche Zugführer bugsiert uns schnell in die Bahn und wir fahren zum Spottpreis hinauf nach Crans Montana (das war bis jetzt die erste und einzige Bahn-Unterstützung). Bevor wir dort aus eigener Kraft auf den Bella Lui Grat hinaufradeln, decken wir uns in einem Coop erst Mal ein: Zwei Bananen und ein trockenes Brötchen reichen ja locker!
Dummerweise führt trotz unserer intensiven Prüfungen vor Ort kein fahrbarer Weg nach oben. Dafür gibt es einen Bikepark, der wiederum für wenig Geld Biker transportiert. Also nichts wie rein in die Bahn, wir sind eh schon wieder viel zu spät dran für unser heutiges Unterfangen. Dieser Tag wird der absolute Hammer werden, ein Abenteuer, nur das wissen wir jetzt noch nicht.
Oben angekommen müssen wir noch eine steile Piste hinauf zum 2600m hohen Bella Lui schieben. Dabei bilden Matterhorn und Mont Blanc die Kulisse. Nach zehn Minuten auf einem sehr schönen Trail folgt die erste Schlüsselstelle. Die meisten Biker werden hier umkehren. Wir haben vorgesorgt und ein 5m langes Seil dabei. Durch einen schmalen Felsspalt führt eine lange Leiter in die Tiefe. Man kann den Ausstieg von oben nicht erkennen. Dummerweise ist diese Leiter auch noch mit einem Gitter umgeben. Die einzige Chance hier ist das Bike außen abzuseilen oder es auseinander zu bauen. Unser Seil ist allerdings etwas kurz, würde aber in zwei Etappen mit Relais-Station gehen.
Es gibt noch eine Alternative. Ein ziemlich ausgesetzter mit Drahtseil versicherter Steig um den senkrechten Fels herum. Das erscheint uns sinnvoller und vor allem schneller. Mit dem Bike in der rechten Hand über dem Abgrund und der linken am Seil steigen wir in luftiger Höhe Schritt für Schritt hinab. Auf einem kleinen Felsvorsprung können wir die nächste Hürde begutachten: Eine weitere Eisenleiter. Hier gibt es keine Alternative. Wir tragen erst unseren Rucksack hinunter und lassen unsere Bikes zurück. Bei einer Banane besprechen wir unsere Strategie. Ich übergebe von oben Zenon auf der Leiter Bike für Bike und er klettert damit nach unten. Die Übergabe und das Hinabsteigen sind das Heikle an der Geschichte, aber unser Plan geht auf (sonst wäre dieser Bericht nicht zu Stande gekommen ;-)).
Dann folgt ein Downhill und an einer Abzweigung müssen wir uns entscheiden. Wir folgen einem Track. So eindeutig ist die Lage hier nicht und wir sind in hochalpinem Gelände. Schon recht bald müssen wir erkennen, dass wir hier nicht weiterkommen. Schotterfelder mit tiefen Rinnen haben den Weg weggerissen. Nach der ersten mühsamen Umgehung folgen weitere. Wir geben auf und kehren um. Mehr oder weniger weglos gelangen wir über Almgelände hinab zum Lac de Tseuxier. Hier machen wir eine kleine Pause.
Von unten sieht es aus wie eine Sackgasse. Aber ein in den Fels gesprengter Weg führt gnadenlos nach oben. Einige Passagen kann man sogar kurz fahren. Nach einer trailigen Hochebene mit Schneefeldern und etlichen Bächen und Teichen erreichen wir endlich den Rawilpass. Die Abfahrt zum Rawilsee führt über einen steilen Hang mit losem Schotter. Der weitere Downhill hinab nach Lenk ist genau nach meinem Geschmack. Mit Drahtseilen gesicherte Trails in der Steilwand, ausgesetzte Kehren und vorbei an einem kleinen Wasserfall (meist S1/S2). Das Finale nach Lenk ist ein Trail vorbei am Iffigen-Wasserfall, der über Brücken und weiter entlang des Baches führt.
Zenon denkt, dass die Etappe in Lenk zu Ende ist. Weit gefehlt! Es stehen noch 900 hm hinauf zum Berghotel auf dem Hahnemoospass an. Erst auf Asphalt, später dann auf Schotter kämpfen wir uns immer müder werdend hinauf. Wir kommen noch gerade rechtzeitig zum Abendessen. Das war mal wieder eine Punktlandung.