Nach der Maratona der 2. Höhepunkt der Saison. Ich reiste am Freitag bereits an und holte meine Unterlagen. Den Samstag verbrachte ich mit Einrollen und Warten auf die angekündigte Kaltfront. Es war von Starkregen, Schnee, Muren und Ersatzstrecke die Rede. Mich ließ das alles ziemlich kalt. Ich war sogar ungewohnt entspannt und ließ mich treiben. Auf der Fahrerbesprechung am Abend vor dem Rennen wollte ich mir noch die Wetteraussichten anhören. Man stimmte uns auf einen nassen Start und Regen bis Sterzing ein. Sollte es beim Start regnen, wollte ich erst kurz vorher in die Aufstellung rollen.
In der Nacht gab es Starkregen mit bis zu 100 l/m². Trotzdem schlief ich sehr gut und wachte bereits um 3:20 Uhr auf, blieb jedoch noch eine Stunde im Bett. Der Blick danach aus dem Fenster: Kein Regen, aber noch nasse Straßen. So stand ich bereits um zehn Minuten vor Sieben am Start. Die Wolken hingen sehr tief. Die Geschichte über eine abgegangene Mure am Brenner verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Wartenden. Der Startsprecher konnte jedoch zusichern, dass das Hindernis bis zum Eintreffen der Meute von den Behörden abgesichert sei und umfahren werden könne.
Bereits auf der Fahrt nach Ötz war alles anders als sonst. Keine Rowdies, keine Stürze. Alle fuhren sehr rücksichtsvoll, aber trotzdem zügig. Ich befand mich in einer Gruppe von ca. 200 Fahrern (sonst gefühlt 1000). Kurz vor Ötz zog ich die Regenjacke aus.
Auf dem Anstieg zum Kühtai fuhr ich mein Tempo und konnte kontinuierlich überholen ohne zu überziehen. Oben füllte ich meine Flaschen und wir donnerten hinab nach Kematen. Auf dem Weg dahin bildete sich eine Gruppe von ca. 100 Fahrern. Diese wuchs bis nach Innsbruck noch an. Dort gab es den ersten heftigen Regenschauer, der uns bis auf die Knochen durchnässte. Hinauf zum Brenner wurde es wieder trocken und die Gruppe lief perfekt. An der Verpflegung hatte ich für die 730 Höhenmeter wieder einen 32er Schnitt. Rein in die Verpflegung und mit Bananen in beiden Händen wieder los. Hier wäre mein Rennen fast zu Ende gewesen: Man kann mit zwei Bananen schwer bremsen. Mit aller Gewalt drückte ich zu und kam neben einem pinkelnden Teilnehmer 1cm vor einer Mauer zum Stehen: “Hallo”! Die Abfahrt nutzte ich um den Bananenmatsch von den Bremsgriffen zu kriegen.
Am Jaufen ging es mir noch nie so gut. Ich überholte etliche Fahrer. Mit 1:05 und einem Schnitt von fast 20km/h fuhr ich wie an allen Anstiegen auch an diesem Berg Bestzeit (Rang 69 bzw. 153). Die Abfahrt vom Jaufen liegt mir. Trotzdem ließ ich mir Zeit, weil ich einen Riegel zu mir nehmen wollte. Das Ding hatte ich allerdings die ganze Zeit zwischen den Zähnen (hätte es vorher besser oben aufgerissen).
Der Anstieg zum TJ ging unten sehr zäh. Ich öffnete die Bremse hinten. Das half psychologisch. Eigentlich wollte ich nur 2h hinauf benötigen. Ich spürte aber, dass so langsam die Lichter ausgingen. Übler Wind auf den Kehren zermürbte mich zusätzlich. Oben war es zwar Bestzeit, aber 14 Minuten langsamer als erhofft. Die Abfahrt war die Hölle, sofern es in der Hölle regnet. Regen, Nebel und ein fürchterlich heftiger kalter Nordwind bremsten meinen Flug nach Sölden. Ich machte dann auch nach den ersten beiden Kehren meine Bremse wieder zu! Auf der Geraden vor dem Anstieg zur Mautstation kam ich auf 65km/h (sonst über 90).
Völlig durchnässt und am ganzen Körper zitternd erreichten wir zu viert das Ziel in Sölden, ich in sensationeller Bestzeit! Ich konnte mich um 25 Minuten gegenüber 2010 verbessern. Ich hatte zwar im Vorfeld mit dieser Zeit spekuliert, jedoch nur bei optimalen Bedingungen. So einen Tag erwischt man nicht oft. Bei mir hat an diesem Tag die Form, das Wetter (es war nicht zu heiß, der Wind hat allerdings sehr gestört), meine Einstellung und das Pacing gestimmt. Aufgrund der nassen Bedingungen habe ich die schweren Alu-Laufräder montiert. Trotz 400gr. Mehrgewicht am Rad konnte ich 8:33 fahren. Das freut mich ungemein und ich bin mit meiner Leistung absolut zufrieden! Trotzdem ist noch weiteres Potential vorhanden. Es gibt noch einige Punkte, die zu verbessern sind. Sofern ich nochmals so einen Tag erwische …
Nach den Rennen habe ich mein Trikot geholt und bin noch am selben Tag direkt nach Hause gefahren. Der wirklich anstrengende Teil folgte am nächsten Tag. Wir fuhren in der Nacht noch 13 Stunden nach Frankreich. Dort kann ich jetzt schön ausspannen und mich mental auf den Alpencross einstimmen, der direkt im Anschluss ansteht.