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Alpenbrevet Platin 2011

“Nie wieder”, das waren meine Worte als ich das Alpenbrevet 2009 gefahren bin. Damals regnete es fast den ganzen Tag und wir sahen so gut wie nichts von den Bergen. Das Alpenbrevet sollte noch eine Chance bekommen.
Dieses Jahr war Kaiserwetter gemeldet, außerdem ca. 2000 Starter. Freitag: Lockeres Einrollen, Chillen und Abendessen auf der Terrasse.
Die Nacht schlief ich eigentlich ganz gut. Vielleicht lag es auch an meinem seit Wochen bestehenden Motivationsproblem. Als ich aufstand, dachte ich sofort: Das wird heute nichts! Die Vorbereitung auf das Alpenbrevet lief nicht optimal. Wenigstens war schönes Wetter.
Am Start waren wir so früh, dass wir sehr weit vorne standen. Sofort wurde klar: Das hier ist nicht der Ötzi! Kein Firlefanz, keine Show, kein Stress! Die Startblocks füllten sich: Wer hier mitfährt, hat was drauf !
Um 6:45 geht es los. Zuerst über den kleinen Hügel nach Innertkirchen und dann sofort hinauf zum Grimsel. Die ersten Tritte sind schon sehr mühsam, meine Beine sind irgendwie schlapp. Da kommt mir der lustige Typ, der mir ein imaginäres Mikrofon vor die Nase hält, gerade Recht. Leider verstehe ich ihn so gut wie gar nicht. Liegt vielleicht auch daran, dass ich volle Presse Musik höre. Ich versuche mit Tilli mitzuhalten und schaue immer wieder nach Zenon. In der Mitte des Passes ist er leider etwas zurückgefallen.
Dafür kommt Lothar Leder (deutscher Triathlet) von hinten, mit Schuhgröße 50 (so sah es zumindest aus). Ich will ihm nicht folgen. Endlich oben, einkehren und dann Kehre um Kehre in die Abfahrt. Frei nach dem Motto: Das Haus ist abbezahlt. Mit Vollspeed rasen wir zum Beginn des nächsten Anstieges.
Mein Angstpass, der Nufenen. Wie bin ich den damals mit einem 25er hoch gekommen? Ich trete, aber spüre kein Vortrieb und lasse zu Tilli ca. 30 Sekunden abreißen. Irgend etwas passt hier nicht! Kurzer Halt, Sattel einen Millimeter tiefer und weiter geht’s. Das fühlt sich schon viel besser an. Wenige Meter unterhalb des Passes sehe ich Tilli gerade sein Rad abstellen. Ich mache das Gleiche und wir verpflegen uns schnell bevor es wieder mit Karacho in die Abfahrt geht. Berge, Gletscher und Seen rasen vorbei, das Hirn schreit Juhu! Das Zeitlimit in Airolo ist dieses Mal überhaupt kein Problem: ca. 25 Minuten vorher überfahren wir die Zeitmatte. Piep, Piep und auf gehts nach Biasca. Leider sind wir hier nur zu dritt unterwegs und Gegenwind bremst unsere Fahrt. Die Führungswechsel funktionieren und ich hoffe, dass eine große Gruppe von hinten kommt und dass Zenon das Zeitlimit schafft. Ich blicke mich um, da kommt ein Eilzug. Erst Mal für ‘ne Weile hinten dranhängen. Doch sofort wird klar: Die sind nur so schnell, weil auch hier die Führung ständig wechselt. Ich muss zum Glück nur noch einmal ran und wir erreichen Biasca im italienischen Teil der Schweiz.
Der Lukmanier: 40km bergauf von 300m auf 1965m. Hier brauche ich Unterstützung: Rise Against auf die Ohren! Unten kann man noch auf dem großen Blatt mit 30km/h fahren. Dieses Mal kein Nebel, ich komme mir vor wie im Dschungel. Es ist tropisch warm. Zu dritt fahren wir in den Pass und holen zu einer weiteren Gruppe auf. Nach und nach brechen hinten welche weg, irgendwann musste auch Tilli abreißen lassen. Ich fahre mit einem Niederländer (er hat Flaschen vom Spessart-Bike Marathon) alleine weiter. Schließlich ist auch er hinter mir verschwunden und ich bin auf mich alleine gestellt. Meine Flaschen sind leer, da taucht das Schild “1000m Verpflegung” auf. Nach ca. 7h erreiche ich den Lukmanier, tanke schnell und mache mich alleine hinab nach Disentis. Ein mächtiger Gegenwind verhindert hohe Geschwindigkeiten. Dann plötzlich ein erster Krampf im linken Oberschenkel. Da kommt mir die rote Ample an einer Baustelle gerade Recht. Dort stehen auch schon weitere Fahrer. Wir bekommen ca. 3 Minuten Zwangspause verordnet. Der folgende kleine Anstieg provoziert weitere Krampfattacken und ich muss abreißen lassen. Nein, nicht jetzt!
Der Anstieg zum Oberalp verläuft auf den ersten Kilometern äußerst fair. Leider wieder eine Baustelle und wir erwischen schon wieder die Rotphase. Bei 12 Stunden spielen 3 Minuten eigentlich keine Rolle, aber unnötig warten will auch niemand. Trotzdem halten sich alle an das Reglement. Nach Grün geht’s wieder los, Krämpfe! Das rechte Bein solidarisiert sich mit dem linken und krampft ebenfalls. Wiegetritt: Krampf in der Wade! Ich denke an Aufgeben. “Du Lusche!”, beschimpfe ich mich selbst. Nur unter größter Anstrengung erreiche ich den Oberalp und analysiere meine Schwächen.
Die Abfahrt ist eine der schönsten, die ich je gefahren bin. Ich versuche, wo es geht, locker zu kurbeln. Vollkommen alleine erreiche ich die Passage Andermatt – Wassen. Heftiger Gegenwind gefolgt von ätzendem Verkehr. Letztes Mal haben wir hier die Autos riskant überholt. Ich halte mich an die Regeln und sitze quasi auf der verlängerten Rückbank.
Der letzte Pass: Susten. Mittlerweile hat mich der Holländer mit den Flaschen aus dem Spessart wieder eingeholt. Alle Versuche dran zu bleiben werden von den Krämpfen gnadenlos vereitelt. Vielen Dank, so kann ich nicht arbeiten! Die Grausamkeit kennt keine Grenzen: Man kann den Verlauf der Straße 10km schnurstracks nach oben führen sehen. Zum ersten Mal pfeife ich auf die Aussicht. Ich will das nicht sehen. Nach dieser Passage kann man noch weiter schauen, stets geradeaus. Mama, hol mich ab! NIE WIEDER! Krampfhaft kurbele ich weiter und nach fünf kurzen Stehpausen komme ich endlich oben an. Tief Luft holen, Weste an und ab auf die schönste Abfahrt! Links hängt ein Gletscher in der Wand, rechts eine Fotostation. Kehren, die man beinahe ohne zu bremsen fahren kann. Ein “Opfer” nach dem anderen taucht vor mir auf und wird gnadenlos überholt. 26km bergab! Einige lassen diese Schmach nicht auf sich sitzen und revanchieren sich an diesem lächerlichen Hügel kurz vor Meiringen. Ich ziehe den Parkschein und schenke ihnen die fünf Plätze!
Im Ziel feiert der Sprecher meine grandiose Leistung: 12:16:45. Ich bin alles andere als zufrieden, aber froh diese Tortur überstanden zu haben. Nach mir kommen die Dritte der Frauen, Zenon und schließlich Tilli. Wir lassen das Finisher-Geschenk aus. Größe XL! Liebe Organisatoren: Radsportler mit Größe XL?! Die Strecke auch XL: 7000hm und 285km!

agilecyclist

I startet my career as a developer. I first came into contact with Agile in the 90s when I was an architect responsible for a software product for Tier-1 banks. Back then it was still agile theatre. Since I started working intensively with Agile a lot has changed for the better. As an Agile Coach I am convinced that Agile can help in an era marked by rapid change and constant challenges. Agile is far from dead!

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