Es war kühles Schauerwetter vorhergesagt. Ich oute mich hier als Schönwetterfahrer. Außerdem entwarf ich einen Plan mit einer realistischen Endzeit. Realistisch in Hinblick auf das mittlerweile fortgeschrittene Alter, und eigentlich besseren Bedingungen. Aber egal. Als strukturierter analytischer Radfahrer brauche ich immer einen Plan, auch wenn er nicht aufgeht, was natürlich in den seltensten Fällen der Fall ist.
Viele meiner Vereinskollegen (eigentlich ist es der komplette Verein) sind gemeldet. Unser Präsident Tilli hat die Unterkunft organisiert. Er hat keine Mühen gescheut und eine Luxus-Suite klargemacht, der Traum aller Frauen … ein 6-Mann-Zimmer in einer Jugendherberge, das sich Marion mit fünf Männern teilen durfte. Am Abend tranken wir noch italienisches Bier in der JuHe.
Am Morgen des Rennens saßen alle schon am Frühstückstisch, allesamt Schönwetterfahrer, dementsprechend die Laune. Der Raum war erfüllt von Angst und Zweifel. Das Wetter forderte eine harte Entscheidung von ihnen. Draußen goss es. Mein Plan hatte zwar keinen Regen berücksichtigt. Aber meine Entscheidung fiel schon lange vorher: ich werde auf jeden Fall starten. So reihte ich mich mit Tilli in Block-A ein. Der Block war schon gut voll und wir durften (ich würde eher sagen mussten) an der Startlinie Aufstellung nehmen. Es regnete leicht. Wir hatten gerade noch sechs Minuten Zeit bis es losging.
Dummerweise war die Abfahrt nach Tiefencastel neutralisiert. Ich hätte hier gerne etwas mehr investiert. Am Fuße des Albulas kam, was auf meinem Plan war: Tilli zog an und ließ mich stehen. Ich ließ ihn ziehen und kämpfte mich alleine den Berg hoch. Eine Frau nutzt meinen Windschatten. Ich kenne sie. Ich treffe sie regelmäßig bei der Maratona, immer am Giau. Heute lief es bei mir nicht so gut bergauf. Aber oben an der Verpflegung stand Tilli noch futternd und wir starteten gemeinsam in die Abfahrt.
Ein geschlossener Bahnübergang ließ eine Gruppe entstehen, die über St. Moritz gen Sonne radelte. Gespickt mit guten Abfahrern rollte der Zug bis zum Splügen. Allerdings war auch hier eine Sektion neutralisiert (grübel). Am Splügen trennten wir uns von der Gruppe, kurz danach Tilli wieder von mir. Die folgenden 1850 Höhenmeter musste jeder von uns alleine bewältigen.
Kurz vor der Verpflegung wurde Tilli wieder von mir eingefangen. Das nette Verpflegungspersonal schob mich sogar an und wir würgten die letzten Kehren zum Pass hoch. Danach folgte eine Spaß fördernde Abfahrt, zumindest war das so von meinem Hintermann zu vernehmen. Unten ging es dann mit Druck auf dem Pedal ziemlich spektakulär durch eine Schlucht bis nach Tiefencastell.
Das Ziel ist eine Bergankunft. Leider mit heftigem Gegenwind, der auch nicht auf meinem Plan stand. Ich fuhr meinen Stiefel und Tilli damit offensichtlich aus den Socken. Hatte ich so auch nicht geplant. Ebenfalls ungeplant, aber umso erfreulicher der Empfang von Diane und Marion im Ziel.
Eigentlich ging von meinem Plan nicht sehr viel auf, außer der wichtigste Punkt: Spaß. Und den hatte ich auf der gesamten Strecke. Eine tolle Veranstaltung. Und zum Schluss das Allerbeste: Unser Team bestehend aus Tilli, Torsten, Pierre, Thorsi und meiner Wenigkeit belegte den sensationellen 3. Platz.