27. August 2006: Premiere beim ÖRM – Jetzt hast Du Deinen Traum
25.08. Anreise: Peter alias powermanpapa holt mich um 10:30 Uhr ab. Ankunft in Sölden ca. 16:00 Uhr. Verabredung zum Abendessen mit Hubertus alias Ghostrider, Anne und Hund. Peter joggt uns mit Frau entgegen (der kann die Füße nicht still halten). Abendessen in Pizzeria: Bandnudeln mit Knoblauch und Gorgonzola.
26.08. Gemeinsam mit Roland, Jochen, Hubertus, Anne und Hund Startunterlagen geholt und durch Ausstellung geschlendert. Neue Überschuhe gekauft. Zufällig Diddi getroffen. Bei kaltem, aber schönem Wetter mit Hubertus Richtung Ötz geradelt, wieder zufällig Diddi getroffen. Gemeinsam in Pizzeria Spaghetti gegessen. Schuhplatten noch mal eingestellt und neues Kettenschloss montieren lassen. Abendessen mit Hubertus, Diddi und anderen. Wetteraussichten: schlecht. Um 23:00 Uhr schlafen gelegt.
27.08. Um 4:30 Uhr aufgewacht. Blick aus dem Fenster, die Wolken hängen sehr tief, es ist noch stockdunkel und kalt. 5:00 Uhr Frühstück. Was anziehen? Ich entscheide mich für Armlinge, Knielinge, Windweste, kurze Handschuhe (hab eh keine langen dabei), Überschuhe und ein Halstuch (da bin ich sehr empfindlich). Um zehn nach sechs rolle ich zitternd im Dunklen an den Start. Noch 20 Minuten. Warten. Ab und zu werden ein paar Witze gerissen, alles sehr entspannt. Noch drei Minuten, der Hubschrauber steigt auf und es nieselt. Auf einmal bengalisches Feuer am Start und irgendwoher Rockmusik. 6:30 Uhr – Startschuss, ich stehe noch. Acht Minuten später rolle ich über die Startlinie, jetzt beginnt mein Ötzi. Nach Ötz hinunter fahre ich fast in den Graben, Mann – ich sollte besser aufpassen. Ich freue mich auf den ersten Anstieg. Ich friere.
Endlich geht’s hoch, Armlinge runter und Rhythmus finden. Viele Leute fahren mir vor der Nase rum. Es beginnt zu regnen, na Klasse. Egal – weiter. Ab der Mitte zum Kühtai fahre ich hinter dem Krankenwagen her, man weiß ja nie. Oben steht der Fotofuzzi, ich strenge mich nicht sonderlich an und gaffe in die Kamera wie ne Kuh – Kühtai ich komme. Dann aus den Lautsprechern AC/DC. Das ist jetzt genau die richtige Mucke! Verpflegung: Ich stopfe mir Verschiedenes in den Mund, und stürze mich in die Abfahrt. Der Regen wird heftiger, ich überlege die Regenjacke anzuziehen. „Nix da, im Tal scheint die Sonne“ sage ich mir. Mann, bekommt man hier Speed. Ich überhole, wo es geht, Innenkurve, Außenkurve. Am Straßenrand stehen sie und flicken Reifen. Mit jedem Meter wird es wärmer und trockener.
Im Tal hört es auf zu regnen, ich erwische eine gute Gruppe und wir ziehen den Brenner hoch. Kurz vor dem Pass strömender Regen. Ich biege in die Labestation ein und futtere gehörig. Bis jetzt ein Schnitt von 26 km/h, hab irgendwie das Gefühl, das ist zu schnell! Jetzt ziehe ich die Regenjacke an und rolle stressfrei hinab nach Sterzing. Was jetzt kommt, kenne ich: Den Jaufenpass bin ich beim diesjährigen AC gefahren, nur entgegengesetzt. In dem Tempo kann ich nicht weiterfahren, ich muss unbedingt Körner sparen. Ach ja, Regen hat aufgehört, also Regenjacke wieder aus, Armlinge runter, Jaufen hoch.
Langsam kurbele ich hinauf, werde von immer mehr Konkurrenten überholt. Hilfe was ist das, eine KonkurrenTIN! Langsam brennt mir der Hals und ich bekomme immer schlechter Luft! Drücke mir ein Gel rein. Kurz vor dem Pass will einer mit mir Konversation machen, ich mag bei solcher Belastung aber nicht reden, abhauen kann ich aber auch nicht, so antworte ich meist mit Ja und Nein, auch auf offene Fragen. Außerdem geht der Nieselregen jetzt bei 5° C in Graupelschauer über. Zum Glück kann ich die Passhöhe schon sehen. Oben angekommen, sofort Regenjacke an, es geht ein eisiger Wind. Ich esse nur wenig und düse hinab nach St. Leonhard, wieder halsbrecherisch. Ich kann nicht fassen, dass mich trotzdem vereinzelt noch welche überholen. Unten im Tal Sonnenschein bei 26° C. Jetzt kommt’s ganz dicke. Nach 180 km und 3.400 Höhenmetern wartet jetzt noch das Timmelsjoch mit mehr als 1700 Höhenmetern am Stück auf mich. 30 Kilometer nur bergauf.
Erst mal wieder Regenjacke aus und verstauen. Jetzt hilft nur noch treten, treten, treten. Nach 200 hm muss ich anhalten: Halstuch aus, Brustgurt runter und Koffeingel rein. Es ist heiss, regelmäßig trinken. Ich fahre hinter einem italienischen Pärchen her, er bärenstark, sie bildhübsch. Er schimpft mit ihr. Das wirkt wohl, sie fahren mir davon. Am Straßenrand spielen sich Dramen ab. Es werden Krämpfe behandelt, manche liegen in der Sonne. Ich werde jetzt von etlichen Fahrern überholt. Ich könnte jetzt etwas AC/DC gebrauchen. Egal! Es ist erst 14:00 Uhr, also noch Zeit genug. Jetzt will ich nur noch das (Finisher-) Trikot haben, die Zeit ist mir egal. Endlich kommt die erste Verpflegung. Ich will mir eine Cola gönnen, dauert aber noch etwas. Muss erst gemacht werden: Häh?! Ich warte ca. sieben Minuten, dafür schnappe ich mir gleich drei Becher. Endlich geht es weiter. Ich bekomme wieder Oberwasser und versäge jetzt einen nach dem anderen. Bei der nächsten Verpflegung halte ich nur kurz und drücke mir mein letztes Gel rein. Ich fühle mich jetzt wieder gut, kann die Serpentinen über und unter mir sehen. Viele schieben jetzt. Noch einmal ein mobiler Wasserstand und schnell noch eine Cola geordert. Ich bin ja kaum mehr zu halten. Schließlich hole ich das ital. Pärchen wieder ein. Der Tag ist gerettet, ich sehe den berühmten großen Tunnel. Wenn ich den passiert habe, habe ich es geschafft! Im Tunnel bläst von der anderen Seite ein eisiger Wind. Jetzt wird es richtig ungemütlich. Nachdem die Röhre passiert ist, regnet es. Schnell Regenjacke an. Die letzten Meter zum Pass hinauf fahre ich auf dem großen Blatt. Der Pass ist endlich erreicht, durch meinen Körper schießt ein Blitz vor Glück. Auf der Abfahrt peitscht mir der Regen ins Gesicht, die Finger frieren mir fast am Lenker fest. Jetzt kommt noch ein Gegenanstieg mit 200 Höhenmetern, doch der vergeht wie im Fluge. Kette rechts! In der Abfahrt bloß keinen Fehler mehr machen. Es geht alles gut, in einer Dreiergruppe komme ich ins Ziel, nach 10:46:33, auf Platz 1100 Gesamt! Die Nettozeit betrug ca. 10 Stunden und 10 Minuten. Im Ziel esse ich noch etwas und fahre total durchnässt in die Pension. Jetzt schnell unter die heiße Dusche. Meine Frau kommt auch gerade an und gemeinsam gehen wir etwas essen bevor wir der Siegerehrung beiwohnen.
Bei der Abfahrt hatte ich mir geschworen: „Das war das erste und letzte Mal“ und so was wie „Nie wieder“. Für das Timmelsjoch habe ich 3 Stunden gebraucht! Da habe ich für meine Begriffe echt getrödelt, bin aber dennoch alles in allem voll zufrieden. Ich habe das Trikot! Aber ich denke, da geht noch was … es war je mein erster ÖRM 😉