Beim Start in Alleghe zog ich zum erstem Mal mein langes Trikot an. Bei 2 Grad Celsius fuhr ich zitternd Richtung
Caprile. Ich wollte eigentlich die langen Tunnels nach Selva über Villagrande umfahren. In meinem Tran folgte
ich jedoch dem Schild zum Passo Giau. Natürlich war das die Straße mit den Tunnels.
Bis zum ersten Tunnel kam kein einziges Auto. Als ich hinein fuhr verfolgten mich gleich zwei. Ohne Licht
streckte ich den linken Arm aus, damit ich nicht umgefahren wurde. Beim zweiten, längeren Tunnel schob ich
dann auf dem engen Seitenstreifen.
In Selva zog ich mich schnell um (kurzes Trikot), gönnte mir ein zweites Frühstück in Form von Energieriegel
und machte mich schließlich auf den Weg zum Giau. Dieser Pass ist mir vom Maratona dles Dolomites in guter
Erinnerung: 900hm auf 9km!
Auf 2000 m Höhe an der Rif. Fedare verließ ich die Straße, um den Weg zur Averau zu nehmen. Eine steile
Schotterpiste zwang mich zum Schieben bis auf 2413 m. Das Wetter wurde plötzlich zusehends schlechter und ich
machte mir etwas Sorgen was den weiteren Tag betraf. Ich kam an den Cinque Torri vorbei, machte ein paar Bilder
und raste hinab zur Falzarego Passstraße.
Unten angekommen riss der Himmel oben schon wieder auf. Bei der Abzweigung zum Col dei Bos stieß ich auf eine Schranke mit
einem Bikeverbotsschild. Das ignorierte ich mal geflissentlich, denn es führte eine breite Schotterpiste bergauf.
Die war zu meiner Überraschung nicht einmal sehr steil, sodass ich alles fahren konnte. An einem Tunnel war ein weiteres
Schild, das das Biken verbot (vielleicht war auch die Durchfahrt durch den Tunnel verboten, ich wurde nicht so
recht schlau). Am Ende der Schotterpiste stand zu allem Übel ein Auto der Commune di Cortina. Ein paar Meter
weiter oben eine weitere Schranke mit einem Schild "Biken im Travenanzes verboten". Ich wollte ja gar nicht
durch dieses Tal, aber was weiß ich wie weit die das Tal auslegen.
Ich spielte schon mit dem Gedanken umzukehren, doch meine Neugier trieb mich weiter.
Der Weg wurde schmaler und steiler und führte mich schließlich zum Col dei Bos. Ab und an ließ ich mein Rad
stehen und sondierte die Lage. Was würden sich wohl die Leute denken, hier einen Typen in Radklamotten ohne
Bike zu treffen. Ständig hielt ich Ausschau nach potentiellen Rangern. Zwischen Col dei Bos und Forcella Travenanzes
lugte ich über jeden Hügel, bevor ich weiter lief. Als ich die Forc. Travenanzes passierte, war es soweit.
Ein Ranger kam mir entgegen. Abhauen hatte jetzt keinen Sinn mehr. Als ich ihm begegnete, grüßte ich freundlich.
Finster schauend erwiderte er den Gruß. Ich fragte noch unschuldig nach dem Weg und er deutete nur nach oben ...
das wars.
Der weitere Weg über Lagazuoi war hochalpin und genau nach meinem Geschmack, die folgende Trailabfahrt nach
St. Kassian ein Genuss mit einigen technischen Herausforderungen. Unten angekommen trank ich im Sonnenuntergang
noch einen Latte M., bevor ich am Abend wieder Alfred traf. Er hatte ein tolles
Hotel ausfindig gemacht.
Nach dem Essen plauderten wir noch mit einem italienischen Bikerpärchen. Er ist der Bruder des Wirtes der
Pizzini-Hütte (s. Alpencross 2006), in der er im Sommer arbeitet, sie hat eine Pension in Livigno. Ein geselliger Abend
nach einem einsamen Tag.